DVD (TDK) |
|
|
|
Anmerkungen:
Spielzeit: [162'45"] Änderungen, Ergänzungen oder Kürzungen größeren Ausmaßes im Vergleich zu der üblichen Choudens-Fassung treten in folgenden Akten auf:
2. Akt - Olympia [38'15"] 3. Akt - Antonia [52'15"] 4. Akt - Giulietta [26'15"] 5. Akt - Stella [11'30"] |
Kommentare:![]() ![]() ![]() ![]() ![]() Eine der phantasievollsten und beeindruckendsten Inszenierungen der »Contes« bescherte Robert Carsen dem Publikum der Opéra National de Paris. Vernachlässigt man einmal, daß die gewählte Fassung (Choudens gemischt mit Elementen aus der Oeser-Version) nicht der Weisheit letzter Schluß ist, so stellt sich die Frage, wie man die Intensität und den Ideenreichtum dieser Aufführung noch steigern will. Nebenbei: Der Fassung an sich muß man immerhin zugute halten, daß sie die Bedeutung der Doppelrolle Muse / Nicklausse beinahe vollständig wiederherstellt und somit den »Contes« ein stabiles Korsett gibt. Carsen siedelt die Handlung um die Aufführung des »Don Giovanni« herum an, in der Stella als Donna Anna auftritt. Während der 1. Akt neben der Bühne (Lindorf erwartet dort Stella) und später im Theaterfoyer (Hoffmann erzählt den in der Pause an die Bar strömenden Gästen, Sängern und Bühnenarbeitern), spielt, führt der 2. Akt den Zuschauer in die Theaterwerkstatt (Olympia wird gebaut) und auf die Bühne (Spalanzani präsentiert Olympia). Schauplatz des Antonia-Bildes ist der Orchestergraben, wobei Antonias Mutter auf der darüber gelegenen Bühne auftritt, auf der dann auch Antonia den Tod findet. Der Giulietta-Akt spielt wieder auf der Bühne mit Blick in den Zuschauerraum, aus dem Dapertutto das Spiel um Giulietta und Hoffmann wie ein Regisseur inszeniert. Das Faszinierende an Carsens Inszenierung ist die Tatsache, daß trotz des durchaus modernen Charakters die romantisch-fantastische Stimmung des Werkes so eindringlich transportiert wird. Beispielhaft ist hierfür der Auftritt der Muse im 1. Akt sowie deren gemeinsamer Abgang mit Hoffmann im fünften Akt: auf die finstere leere Bühne fällt der Kegel einer weit entfernten Lichtquelle, aus der die Muse kommt - und auf die sie schließlich mit Hoffmann während des Finales zu den Klängen von »On est grand par l'amour« zugeht. Ein Pendant zu Carsens Umsetzung bildet das hervorragende Dirigat Jesús López-Cobos'. Von ruhig bis dramatisch, von romantisch bis spöttisch werden alle Stimmungen ausgekostet, bar jeder Effekthascherei. Das Orchester der Pariser Oper folgt präzise und engagiert. Unterstützt wird der angenehme Eindruck durch den sehr guten und ausgewogenen Klang des Mitschnitts. Nahtlos in diese hervorragenden Leistungen reihen sich die Beiträge der Solisten. Neil Shicoffs Hoffmann ist filigranst ausgearbeitet und wesentlich disziplinierter als seine Interpretation in der Aufnahme unter Sylvain Cambreling (1988). Stimmlich und im Audruck ist sein Hoffmann einer der besten, wenn nicht der beste der Discographie. Susanne Mentzer bewältigt die Doppelrolle Muse / Nicklausse mit Bravour, und wenn sie auch vom Äußeren her nicht die Idealbesetzung für eine Hosenrolle wie Nicklausse ist, Stimme und Ausdruck lassen nichts zu wünschen übrig. Ihre Arie »Vois sous l'archet frémissant« ist einer der vielen Höhepunkte dieser Aufführung Ebenso vorzüglich wurden die Geliebten besetzt, stigmatisiert durch den schwarzen Fächer, den alle bei sich tragen. Bei Desirée Rancatore ist man sich gar nicht sicher, welche Leistung mehr beeindruckt: die gesangliche oder die schauspielerische. Im Refrain der zweiten Strophe der Olympia-Arie beispielsweise nutzt Carsen die schließlich ersterbenden Koloraturen dazu, Olympia, die sich in einem Heuwagen lüstern über den verdutzten Hoffmann geworfen hat, einen ungeahnten Orgasmus erleben zu lassen. Und Desirée Rancatore spielt und singt diese Szene exzellent. Eine gesanglich ebenso hörenswerte Leistung liefert auch Ruth Ann Swenson als Antonia, deren Rolle schon aus sich heraus nicht die schauspielerischen Möglichkeiten bietet wie die des Automaten Olympia. Auf Grund der hier verwendeten Choudens-Fassung bleiben auch Béatrice Uria-Monzon nicht ganz so viele Momente, die Giulietta "auszuspielen". Die berechnende Kurtisane nimmt man ihr aber uneingeschränkt ab und auch stimmlich meistert sie ihre Partie gut, wenn auch eine Idee zu dramatisch. Einen wirklich vorbildlichen Bösewicht präsentiert Bryn Terfel, der neben einer vollen und beweglichen Stimme einen wahrhaft dämonischen Eindruck hinterläßt. Die Nahaufnahmen von ihm sind ein gutes Zeugnis für seine darstellerischen Qualitäten. Selten sah ein Coppélius so gefährlich, ein Dapertutto so teuflisch aus. Wenn man bisher glaubte, der unangefochtene Darsteller dieser Rollen sei Gabriel Bacquier, so muß man sich hier eines besseren belehren lassen. Offenbach-Veteran Michel Sénéchal, der in allen großen Offenbachiaden mitgewirkt hat (»Orphée aux Enfers«, »La Belle Hélène«, »La Vie Parisienne«, »La Périchole«), liefert mit der Darstellung der vier Diener seine beste auf Ton- / Bildträger festgehaltene Arbeit ab. Die Offenbach-Liebhaber wären um viele Eindrücke ärmer ohne sein drolliges Spiel. An dieser Stelle daher: Merci beaucoup, Monsieur Sénéchal! Was also kann auf diese Eindrücke anderes folgen als die Empfehlung, sich so schnell wie möglich in den Genuß dieses Mitschnittes zu bringen? Richtig: nichts anderes als genau dies!
[ Marcus Ebeling ]
|
![]() ![]() ![]() ![]() ![]() Robert Carsen schafft es einmal mehr, ein altbekanntes, allzu vertrautes Werk des Opernrepertoires frisch und neu erscheinen zu lassen. Man meint, »Hoffmanns Erzählungen« das erste Mal zu erleben. Carsen läßt die ganze Oper in einem Opernhaus spielen, die einzelnen Akte jeweils in einer anderen »Abteilung«. Anfangs befinden wir uns in der Theaterkantine, später erleben wir Stellas Auftritt im »Don Giovanni« von der Seitenbühne aus mit. Olympia befindet sich in den Werkstätten des Theater, während wir Antonias Drama im Orchestergraben erleben. Der Giulietta-Akt schließlich spielt sich in den roten Plüschsesseln des Zuschauerraumes ab. Jeder Akt ist für sich schlüssig erzählt, und korrespondiert doch mit dem Ganzen. Und dann gibt es noch etwas, was diese DVD so empfehlenswert macht: den besten Darsteller des Hoffmann, den man sich wünschen kann, Neil Shicoff. Die Doppel-DVD verfügt über PCM Stereo, DD 5.1. sowie DTS 5.1. und über Untertitel in Englisch, Deutsch, Italienisch, Französisch und Spanisch.
[ Michael Laricchia • 12.02.07 ]
|
![]() ![]() ![]() ![]() ![]() Jacques Offenbach was the composer of many operettas that satirized life in 19th century France, many of which are still popular. »Tales of Hoffmann« was his last work and his only "serious" opera, and Offenbach died before completing it. This has lead to several "final" versions which is of interest primarily to musicologists. What should interest a potential buyer of the DVD is the quality of the performance and of the disc. Happily, both are excellent. »Tales« is a hugely melodic work, with one good melody following another. It is also a work where singing actors have the opportunity to breathe life into what can be rather wooden characters. In the case of this performance, this is exactly what happens. The plot follows the "unhappy in love" poet Hoffmann through three disasterous relationships, protected by his muse, who takes the form of his travelling companion, Nicklausse. He is beset with villainous activities from an evil guy who takes the characters of Lindorf, Coppélius, Dr. Miracle and Dapertutto, but is always the same evil presence. Neil Shicoff plays Hoffmann. He was out of mainstream opera for a while for health reasons, but sings with intensity and fine spinto tone. Although the role is vocally demanding, there is no sign of fatigue. The muse / Nicklausse is played by mezzo Susanne Mentzer, who sings beautifully and acts superbly. The villains are played by Bryn Terfel, who is simply awesome, both vocally and in acting. Hoffmann's three lady friends are sung by Desirée Rancatore (Olympia B-), Ruth Ann Swenson (Antonia A+) and Beatrice Uria-Monzon (Giulietta B+). All three ladies do a good job bringing life to their roles. The performance is truly French, being staged at the Opéra National de Paris. It is a modern approach to staging that works quite well, overall. Jesús López-Cobos conducts with authority and sensitivity. The sound (DTS) and picture are simply excellent. If you like good opera, well performed, this disc is hard to beat.
[ John G. Gleeson Sr. • 27.02.07 ]
|
![]() ![]() ![]() ![]() ![]() Die vorliegende Aufnahme dürfte zur Zeit den ersten Platz der »Contes«-DVD-Discographie einnehmen. Mit dieser beeindruckenden Produktion wird beispielhaft bewiesen, daß man Offenbachs großes Werk durchaus auch modern inszenieren kann, ohne die Handlung zu verdrehen und ohne der Oper das Phantastische und das Romantische zu nehmen. Lässt man die Auswahl der Fassung einmal ganz außer Acht, so ist mit dieser Inszenierung ein großer Wurf gelungen. Robert Carsen und sein Team lassen die phantastischen Geschichten in einem Opernhaus der heutigen Zeit spielen und das vor und hinter den Kulissen. In die Rollen der fiktiven Personen schlüpfen Menschen wie du und ich, hier sind es die Mitarbeiter eines Opernbetriebes. So begegnet man zum Beispiel Luther dem Kantinenwirt, Spalanzani dem Werkstattangestellten, Frantz dem Bühnenputzmann oder Dr. Miracle dem Dirigenten, um nur Einige zu nennen. Wobei dem Bösewicht vom Dienst stets leitende Posten zugedacht werden. Die opulenten Bilder zeugen von Einfallsreichtum und die phantasievolle Umsetzung der Handlungen machen etwas ganz Bezeichnendes der Romantik deutlich, nämlich das Verschmelzen von Realität und Phantasie, von Traum und Wirklichkeit. Und genau das ist ein prägendes Merkmal, welches die Werke des Romantikers E.T.A. Hoffmann durchzieht. Zu dieser gelungenen Produktion gehört natürlich das engagierte und durchweg exzellente Künstler-Ensemble, auf welches sich die Opernschaffenden hier stützen können. Nun mag man an dem etwas eigenwilligen und zuweilen uneleganten Gesangsstil Neil Shicoffs Gefallen finden oder nicht. Fest steht jedoch, daß der großartige Künstler sein Stimmmaterial geschickt einzusetzen versteht. Sein inzwischen gereifter Tenor passt besonders gut in die Rahmen-Akte. Aber auch Shicoffs schauspielerischer Totaleinsatz, seine vokalen Gefühlsäußerungen, sowie die Leidenschaft und Hingabe, mit der er die nicht unkomplizierte Rolle anpackt, sind einzigartig. Dem schließt sich die Leistung von Désirée Rancatore an. Nach ihrer Olympia fragt man sich, wie man die stimmlich und schauspielerisch makellose Darstellung noch steigern könnte. Mit Bryn Terfel hört und sieht man einen Bösewicht par excellence. Seine Physiognomie, ja schon allein der stechende Blick aus seinen stahlblauen Augen lassen einem das Blut in den Adern gefrieren. Was Susanne Mentzer an der Darstellung und Ausstrahlung der Muse / Nicklausse ein wenig fehlt, macht sie mit ihrem voll strömenden Mezzo-Sopran wieder wett. Man müsste die Liste der Künstler eigentlich noch weiterführen, doch beschränke ich mich nun darauf zu sagen, daß auch alle anderen Mitwirkenden, ob nun in den großen oder kleinen Rollen, ihren Part hörenswert und Rollen- deckend erfüllen. Zudem gesellt sich ein engagierter Chor und ein spielfreudiges Orchester, welches Jesús López-Cobos ausgezeichnet durch die Partitur führt. Abschließend sei zu bemerken, daß diese DVD über eine ausgezeichnete Bild- und Tonqualität verfügt, somit sollte einer baldigen Anschaffung nichts mehr im Wege stehen.
[ Angela Herrmann • 01.03.07 ]
|
![]() ![]() ![]() ![]() ![]() Diese moderne, ganz und gar unromantische Inszenierung legt Offenbachs Werk gänzlich neue Handlungsstränge und Situationen zugrunde. Die Deutungen und Erfindungen von Regisseur Robert Carsen wirken überzeugend und originell. Das Ensemble ist schauspielerisch und sängerisch auf der Höhe. Ein »Hoffmann« ohne Kitsch und Nostalgie.
[ leider anonym • 03.03.07 ]
|
![]() ![]() ![]() ![]() ![]() Den postitiven Kommentaren für diese Inszenierung kann ich mich nur anschließen, wenn auch einige der Begründungen vorangegangener Kommentar-SchreiberInnen mir nicht klar sind. Carsen hat sehr wohl vieles in Offenbachs Werk verändert. Seine Veränderungen sind eben nur sehr überzeugend und in sich schlüssig. Bei Offenbach findet der Antonia-Akt mitnichten in einem Orchestergraben statt, oder der Giulietta-Akt im Zuschauerraum. Carsen hat also sehr ins Werk eingegriffen. Merkwürdig, ihn dafür zu loben, er hätte es nicht getan. Außerdem bleibt das Düstere der Romantik bei ihm doch außen vor: Hoffmann betrinkt sich am Tresen der Theaterkantine, bei allen Zaubereien handelt es sich um Theaterzauber, da ja alles in einem Opernhaus spielt. Bei Offenbach (und bei E.T.A. Hoffmann) ist der Zauber aber ganz real gemeint: Mirakel erscheint "durch die Wand", das Bild der Mutter wird lebendig, Hoffmanns Spiegelbild verschwindet. Carsen hat das Werk hier also seiner Romantik-Seite entkleidet. Aber er bietet uns etwas anderes dafür ein, eine Übertragung ins Heute. Das Theater quasi als letzter Ort für Zauberei. Das ist sehr überzeugend und ein ganz anderer Weg, als den, den Erlo in seiner Inzenierung aus Lyon geht. Ein Vergleich beider Inzenierungen ist interessant. Erlo verlegt das Absonderliche der Handlung in die Hauptperson, macht aus Hoffmann einen Fall für den Nervenarzt, was auch eine Möglichkeit ist. Carsens Deutung ist sicher leichter verdaulich. Seine Inszenierung ist beides: intelligent und unterhaltsam. Musikalisch haben beide Inszenierungen ein sehr hohes Niveau. Einige der Sänger aus Lyon fand ich persönlich besser. In meiner Wertung schneidet aber Carsens Inszenierung insgesamt besser ab.
[ A. Dadis • 05.07.07 ]
|
![]() |