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Diese Produktion beschert dem Hörer ein sehr zwiespältiges Vergnügen, denn zum einen
erwarten ihn durchgehend Bearbeitungen der originalen Kompositionen. Franz Mittler,
der auch Teile für die Offenbach-Abende von Karl Kraus arrangierte, zeichnet hier
verantwortlich für zum Teil sehr deutliche Eingriffe in die 14 eingespielten Nummern.
Kern der neuen Orchestrierung sind nur drei Instrumente: Klavier, Cembalo und Flöte,
ergänzt durch den gelegentlichen Einsatz der Orgel. Die Flöte jedoch tiriliert oft
etwas unkontrolliert durch die Partitur, so daß man ein gewisses Maß an Großzügigkeit
und Geduld mitbringen muß, um diese Produktion trotzdem genießen zu können.
William Gunther führt die vier Musiciens de Chaillot mit moderaten Tempi durch die
Nummern, so daß die ursprüngliche Originalität der Kompositionen in erster Linie
durch die ungewöhnliche Orchestration gewahrt wird. Es gibt bei dem Dirigat keine
ausdrücklichen Schwachstellen, aber man hat Offenbach auch schon espritreicher
gehört.
Das war es dann aber auch mit den Nachteilen dieser Produktion. Angenehm fällt die
Auswahl der Stücke auf, denn neben den sattsam bekannten Arien, die auf keinem
Sänger-Portrait fehlen dürfen, griff man hier lobenswerterweise auch auf schwer in
der Discographie zu findende Werke zurück wie »Vert-Vert«, die »Seufzerbrücke« oder
die »Reise zum Mond«.
Lob gebührt in jedem Fall auch Frieda Teller, die zwar nicht unbedingt einen
unentdeckten Schatz bedeutet, aber die Aufgabe, Offenbach in französischer,
englischer und deutscher Sprache zu singen, überzeugend meistert. Ihre Stimme ist in
hohen und tiefen Lagen ebenso klangschön wie sicher und wird ergänzt durch einen
auffallend guten Ausdruck. Gerade durch die Unterschiedlichkeit der hier
vorgestellten Arien und Couplets kann Frau Teller zeigen, was in ihr steckt - und das
ist eine Menge.
So bleibt nach allem der eingangs geschildert Eindruck eines doch zwiespältigen
Hörvergnügens. Je nachdem, welche Merkmale dieser Produktion für einen selbst die
entscheidenden sind, mag man sie aus der heimischen Schallplattensammlung verbannen
oder aber sehnsüchtig suchen
[ Marcus Ebeling ]
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