Orphée aux Enfers

Mischfassung der Versionen von 1858 und 1874

Dirigent: Marc Minkowski



CD (EMI)



Mitwirkende:

Orphée Yann Beuron
Eurydice Natalie Dessay
die öffentliche Meinung Ewa Podles
Pluton Jean-Paul Fouchécourt
Cupidon Patricia Petibon
Vénus Véronique Gens
Jupiter Laurent Naouri
Diane Jennifer Smith
Minerve Virginie Pochon
Junon Lydie Pruvot
Mercure Etienne Lescroart
John Styx Steven Cole

Choeur de l'Opéra National de Lyon
Leitung: Alan Woodbridge

Orchestre de l'Opéra National de Lyon
& Orchestre de Chambre de Grenoble
Dirigent: Marc Minkowski
Aufnahme:
Gesamtaufnahme
in französischer Sprache

Produktion:
EMI - 1997, Lyon
2 CD - stereo

Katalog-Nr.:
CD (EMI): 7243 5 56725 2 0



Anmerkungen:

Spielzeit: Ouvertüre & 1. Akt [69'30"] • 2. Akt [40'45"]

Die Einspielung stellt eine Kombination der Versionen des »Orphée« von 1858 und 1874 dar. Ausgehend von der Urfassung des Jahres 1858 wurden folgende Nummern zusätzlich aufgenommen:

  • Ballet pastoral - Auszug
  • Finale 1. Akt - Auszug: »Libre! O bonheur!« (Orphée)
  • Ballet des heures - Auszug
  • »Eh hop! Eh hop! Place à Mercure!« (Mercure)
  • »Comme il me regarde« (Pluton)
  • »Ah quel triste destinée« (Eurydice)
  • »Pour attirer du fond de sa retraite« (Cupidon)
  • Ballet des mouches - Auszug

Die ebenfalls von Marc Minkowski dirigierte Aufführung des »Orphée« wurde parallel zu dieser Studioeinspielung mitgeschnitten.

Ebenfalls unter dem Dirigat von Marc Minkowski entstanden:


Kommentare:


Eines steht fest: unter John Eliot Gardiner und Marc Minkowski fand ein abrupter Wechsel im Umgang mit der Musik Offenbachs statt. Befreit von alten Zöpfen der Aufführungspraxis und getragen von dem Bemühen, quellengetreue Einspielungen zu schaffen, entstanden Produktionen, die sowohl vokal als auch instrumental völlig neue Wege gehen. Vorbei ist die Zeit der gefälligen Interpretationen, von großen Orchestern eingespielt und jeglicher kabarettistischen Note beraubt.

Marc Minkowski führt ein kleines Orchester mit erheblichem Tempo durch die Partitur und viele Passagen und Akkorde klingen gerade zu brüchig und aggressiv im Vergleich zu den Vorgängern der Discographie. Sie zeigen aber auch völlig neue Vorzüge der Komposition auf und beleuchten Offenbachs Werk aus einem sehr lebendigen Winkel.

Einher damit geht allerdings auch, daß zahlreiche Nummern fremd und unfreundlich anmuten. Zudem betont Minkowski den Wert der Schlaginstrumente ein wenig zu stark, so daß die Musik bisweilen etwas plakativ klingt. Größter Kritikpunkt an der vorliegenden Einspielung ist jedoch, daß trotz allem Bemühens um einen "originalen" Offenbach eine Mischfassung aus den zwei Versionen des »Orphée« entstanden ist, die den persönlichen Präferenzen des Dirigenten folgt, jegliche Quellenlage aber ignoriert. Dem interessierten Hörer drängt sich unausweichlich die Frage auf, ob es mit dem Wunsch nach "Originaltreue" wirklich so bestellt war, wie die Produktion glauben machen möchte.

Mit Natalie Dessay wurde eine Sopranistin verpflichtet, die ihrer Rolle sowohl in den gesungenen als auch den gesprochenen Passagen mehr als gerecht wird: passend zu Marc Minkowskis Interpretation ist Orpheus hier eine energische Eurydike an die Seite gestellt, welche die Koloraturen der Partie ebenso bravourös meistert wie die komischen Momente der Dialoge. Yann Beuron, der wenige Jahre später - auch unter dem Dirigat Marc Minkowskis - erfolgreich in die Rolle des Paris schlüpft, präsentiert einen spielerisch vorzüglichen, stimmlich aüßerst versierten Orpheus, vielleicht sogar den besten der Discographie. Gesanglich auf gleichem Niveau, wenngleich in seinem Versuch, Pluto zu "spielen" etwas zu waghalsig, prescht Jean-Paul Fouchécourt ein paar Schritte zu weit vor. Auf der Bühne mag das Konzept aufgehen, bei einem Tonträger, der mehrmals gehört sein will, ist dann doch etwas mehr Zurückhaltung angebracht. Laurent Naouri löst seine Aufgabe klüger: auch sein Jupiter hat Format, nimmt jedoch nicht eine solch exponierte Stellung ein wie sein Gegenspieler Pluto.

Fazit: trotz der grundsätzlich erfreulichen Entwicklung, Offenbachs Werk den Respekt angedeihen zu lassen, der anderen Komponisten seines Zeitalters gegenüber selbstverständlich ist, birgt diese Aufnahme durchaus einige nicht unbeachtliche Schwachstellen. Für den ersten Platz unter den Gesamtaufnahmen des »Orphée« fehlen da leider ein paar entscheidende Punkte ...

[ Marcus Ebeling ]




Da man bei Offenbachs »Orpheus« bisher nur die Wahl zwischen mehr oder weniger verstaubten Einspielungen hatte, kommt diese Aufnahme (wie auch Marc Minkowskis weitere Offenbach-Einspielungen) einer Rettung Offenbachs für unsere Zeit gleich.

Ein modernes Klangbild, ein rasantes Dirigat fern jeder falschen Operettenseligkeit und ein hervorragendes Sängerensemble lassen diese Aufnahme zum Vergnügen werden. Besonders Natalie Dessay gewinnt ihrer Eurydice sehr heutige Facetten ab und überzeugt fast nebenbei durch gesangliche Höchstleistungen. Die frühe ("kleine") mit der späteren ("großen") Fassung zu mischen, hat sich auf der Opernbühne inzwischen eingebürgert. Auf Tonträger wirkt dies hier ein wenig gewöhnungsbedürftig. Die beste Alternative wäre gewesen, zwei Aufnahmen herauszubringen, was aber angesichts der angespannten Lage auf dem Klassik-Markt wohl keine Firma gewagt hätte.

Freuen wir uns also an dem, was wir haben: einen vitalen »Orpheus«, aufnahmetechnisch und interpretatorisch up to date.

[ Michael Laricchia • 21.04.06 ]




Die Offenbach-Diskographie ist ja leider etwas spärlich. Da kommt diese Aufnahme gerade recht! Es ist eine Freude, dieser CD zuzuhören und ich bin äußerst froh, sie zu besitzen!!!

Allen voran ist Natalie Dessay als Euridyce hervorzuheben, die bis zum Sängerinnenschreck fis3 (!!!) alles riskiert und alles gewinnt. Yann Beuron ist ein schön fieser Orphée, Laurent Naouri (übrigens Fr. Dessay's Ehemann) ein möchtegern-autoritärer Jupiter, auf den schon lang keiner mehr hört. In den vielen Götterrollen ist besonders Patricia Petibon hervorzuheben, die in der Hosenrolle des Cupido herrlich piepsig singt. Auch eine Großmeisterin des Barock ist vertreten: die grandiose Ewa Podles, die wir sonst als Julius Cäsar oder Tankredi kennen, ist eine wunderbar gestrenge Öffentliche Meinung. Man versteht, warum Orphée vor ihr kuscht und die verhaßte Euridice aus der Unterwelt wiederholt ... !!!

Das Orchester ist den Sängern ein kongenialer Partner, ebenso der Chor. Marc Minkowski läßt sein Talent zur Komik entdecken!

[ leider anonym • 29.05.06 ]




I do not believe there are any cd's in my entire collection that I have listened to as many times as I have listened to this one! Tableaux trois is nearly worn out!

Thanks to a slight taste of the english lyrical versions of Offenbach on Lesley Garrett's "Soprano in Red" album, I new I had to have more, and if Garrett was a taste then Dessay is truly the meal! Everything about this album was great. The performance of all the cast to the sound quality (which seems always to be of a high caliber with EMI) go beyond excellence! I can not recommend this cd but demand that you hear it and you will know what I am talking about!

[ Brett Farrell "Offenbachinate" • 24.07.06 ]




Selten eine CD gehört, die so gute Laune macht. Die Funke springt sofort in der ersten Szene mit dem Monolog der öffentlichen Meinung auf den Hörer über. Abgesehen davon, dass durchweg hervorragend gesungen wird, machen die Beteiligten hier exzellentes, teilweise grelles, Hörspieltheater. Da gefällt nicht nur der "Can-Can" der Götter. Ob's auch daran liegt, dass auf französisch gesungen wird?

[ leider anonym • 12.10.06 ]




Natalie Dessay, Yann Beuron, Laurent Naouri, Ewa Podles, Jean-Paul Fouchecourt, Veronique Gens, Patricia Petibon ... Diese Besetzung muß man erst mal zusammenbekommen. Keine andere Aufnahme, die ich kenne, bietet ein so geschlossenes Ensemble. Aber auch das mitreißende Dirigat von Marc Minkowski finde ich sehr hörenswert.

Dass hier unterschiedliche Fassungen gemischt wurden, stört mich nicht. Ich höre diese Aufnahme immer wieder gerne und kann sie sehr empfehlen.

[ Hannah P. • 15.10.06 ]




Die Aufnahme besitzt ein homogenes Ensemble, das voller Esprit agiert. Die Solisten sind alle ausgezeichnet. Besonders Natalie Dessay singt exaltiert und kapriziös, wie es sich für die Partie der Eurydice gehört. Sie brilliert in zusätzlichen Koloraturen und Extremtönen bis zum fis³! Das macht ihr keiner so leicht nach. Zudem sind ihre französische Diktion und die musikalische Phrasierung hervorragend. Aber auch Ewa Podles, Yann Beuron, Patricia Petibon, Veronique Gens und Laurent Naouri singen phantastisch und mit großer Verve.

Das Orchester unter Marc Minkowski spielt nahezu wahnwitzig und rasant. Und sorgt für einen klanglichen Sog, der alle Beteiligten mitzieht, daß es ein riesiger Spaß ist. Dem Chor gebührt ein Lob für seinen kraftvollen und federnden Klang.

So lebendig musiziert hat Offenbach einen großen Charme und versetzt in einen "musikalischen Rauschzustand"! Ein Muß in jeder Diskographie und die absolute Referenzaufnahme!

[ leider anonym • 07.11.06 ]




Hier geht die Post ab! Das ist einmal eine wirklich mitreißende Aufnahme. Hier wird mit viel Tempo und Witz gesungen, musiziert und dirigiert.

Wenn man des Französischen nicht mächtig ist, hat man natürlich nur bedingt Freude an den Sprechtexten. Aber auch diese scheinen sehr lebendig vorgetragen zu werden. Und auf einer CD kann man schließlich einfach den nächsten Track anwählen.

[ leider anonym • 06.04.07 ]




Harenberg Komponistenlexikon: »Man hat die frühere Fassung von 1858 gewählt, ergänzt um einige Numern aus der späteren Version. Ein philologisch prinzipiell vertretbarer und hier bereichernder Schachzug. Musikalisch ist es eine Offenbarung. Und wie Natalie Dessay singend und sprechend den Weg der Euridyce zur Bacchantin durchlebt, ist ein Vergnügen für sich. Auch für die übrigen Rollen und Orchester gilt: Grandios!«

[ aufgespürt von Opermaniac • 28.05.07 ]





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 • © März 2004 •